
Leseprobe
Dezember 1993
„Dad, ich brauch nur noch die Park Avenue und dann gehört mir die ganze Luxusmeile!“
Andrews Stimme überschlug sich beinahe vor Aufregung, als er erwartungsvoll zu seinem Dad hinüber sah.
„Gut gemacht, mein Junge! Aus dir wird einmal ein richtiger Geschäftsmann, das seh ich jetzt schon.“
Anerkennend klopfte Duncan Casey seinem Ältesten auf die Schulter und schmunzelte zufrieden.
Für einen kurzen Moment warf Andrew seinem Bruder Bradley einen überheblichen Blick zu, ehe er sich wieder den kleinen roten Häusern und seinem Spielgeld zuwandte, das er nun stolz zählte. Bradley konnte nicht verstehen, was Andrew an Monopoly so reizte. Sein Bruder hatte das Spiel vergangenen Monat zum 10. Geburtstag bekommen und seitdem nichts anderes mehr im Kopf. Bradley selbst spielte nur mit, weil er wusste, dass sich sein Dad dann zu ihnen setzen würde – normalerweise zog dieser sich sonst, wenn er zuhause war, mit einem Drink in sein Arbeitszimmer zurück. Es kam selten vor, dass sie alle gemeinsam etwas als Familie unternahmen. Duncan arbeitete von früh bis spät, denn er war der Meinung, dass nur harte Arbeit und Fleiß zum Erfolg führen – er selbst war das beste Beispiel dafür! Duncan Casey, der Junge aus armen Verhältnissen, hatte es allen gezeigt. Anfangs kaufte er mit dem Geld, das er als Fabrikarbeiter verdiente baufällige Häuser auf, renovierte sie und verkaufte sie dann zu einem stolzen Preis weiter. Stundenlang war er als junger Mann in der Gegend herumgefahren, um nach soliden Immobilien Ausschau zu halten, in denen er mehr Potential sah als andere. Er hatte nie studiert, sondern war immer der praktische Typ gewesen, der selber etwas erschaffen wollte. Jetzt zehn Jahre später befasste er sich längst nicht mehr selbst mit Hausrenovierungen. Mittlerweile kamen die wichtigsten Investoren der Stadt auf ihn zu, wenn es darum ging marode, heruntergewirtschaftete Immobilien und insolvenzreife Unternehmen aufzukaufen.
„Jungs, macht doch mal eine Pause, ich hab euch heiße Schokolade gemacht“, erklang plötzlich Emilys Stimme, die mit zwei dampfend heißen Tassen aus der Küche kam. Sie liebte es, ihre kleine Familie so harmonisch zusammen zu sehen und freute sich, dass Duncan für ein paar Stunden abschalten und dem Geschäft den Rücken zuwenden konnte.
Lächelnd stellte sie die Tassen auf dem Tisch ab und warf ihrem Mann einen überraschten Blick zu, als dieser plötzlich nach ihrer Hand griff. Die Zeit schien stillzustehen, als sich ihre Blicke trafen. Erst durch Emily hatte Duncan gelernt, was ein liebevolles Zuhause bedeutete. Die Weihnachtszeit war etwas Besonderes für ihn geworden.
Bradley griff nach seiner Tasse und nahm vorsichtig einen Schluck davon, er liebte Moms hausgemachten Kakao und schloss für einen Moment genießend die Augen.
Andrew, der hier seine Chance sah, drehte blitzschnell die beiden Würfel auf die gewünschte Augenzahl …
„Dad, die Park Avenue gehört endlich mir!“, rief er lauthals, schnappte sich den Kakao und prostete seinem Bruder mit einem hämischen Grinsen siegessicher zu.
1
25 Jahre später
Behutsam lenkte Bradley den schwarzen Porsche in die Fifth Avenue und drosselte das Tempo noch weiter herunter, als das Auto in der Kurve leicht rutschte. Heute wollte es gar nicht mehr mit Schneien aufhören. Bereits seit den Nachmittagsstunden fiel der Schnee unerbittlich auf Manhattan herab und verwandelte es von Stunde zu Stunde mehr in eine märchenhafte Schneekugel. Er verfluchte sich, dass er nicht auf seine Mom gehört, und die U-Bahn genommen hatte, dann wäre er sicher schon längst daheim im Warmen gewesen. Aber wenn er nach Brooklyn fuhr, um Emily bei ihren wohltätigen Projekten zu unterstützen, nahm er lieber das Auto, da er so für gewöhnlich viel schneller war.
Obwohl der Schnee kaum freie Sicht zuließ, schoben sich einkaufswütige Passanten – vollbepackt mit bunten Einkaufstaschen – die Straßen entlang. Brad konnte einen kurzen Blick auf die festlich dekorierten Schaufenster erhaschen, die sich gegenseitig zu übertrumpfen versuchten. In den Schaufensterauslagen stapelten sich große goldfarbene Pakete, Kunstschnee, überladene Weihnachtsbäume und ausgestopfte Plüsch-Elche. Brad musste schmunzeln, als er einen alten Mann im Weihnachtsmannkostüm entdeckte, der überraschend echt aussah und ihm auf einmal fröhlich zuwinkte.
Er brachte den Wagen schließlich, trotz des Schneegestöbers, vor einem Appartementhaus in der Upper East Side zum Stehen – hier wohnte er seit nunmehr drei Jahren. Seine Eltern hatten ihm die Wohnung zum Dreißigsten überschrieben, und obwohl sich Brad anfangs geweigert hatte, in ein Haus voller Snobs mit eigenem Concierge und Parkservice zu ziehen, fühlte er sich hier mittlerweile wie zu Hause. Sein Blick wanderte zum Vordach mit der Hausnummer 521. Es war ein Pavillon aus grünem Stoff, der den gesamten Gehsteig bis zur Straße hin überspannte. An der Front war eine große rote Schleife befestigt und an den Seiten leuchtete jeweils eine warmweiße Lichterkette auf. Wenn ihn nicht alles täuschte, war das alles heute morgen noch nicht dagewesen.
Brad schnappte sich sein Notebook und zwei Pizzakartons, die auf dem Beifahrersitz lagen und stieg dann lächelnd aus dem Wagen. Carlos, der Doorman, der eben noch im Windfang Schutz gesucht hatte, kam nun eilig auf Brad zu. Der Arme konnte einem leidtun. Heute hatte er eine dicke Pelzmütze auf dem Kopf und trug gefütterte Handschuhe, die er jetzt schnell auszog und in die großen Taschen seiner Uniform stopfte.
„Guten Abend, Mr. Casey! Ich hoffe, Sie hatten einen schönen Tag?“
Schnell nahm Carlos Brad den Autoschlüssel ab und sah ihn interessiert an.
„Danke, Carlos. Bis auf das Schneechaos alles bestens. Und bei Ihnen?“
„Alles prima. Ich hoffe, Ihrer Mom geht’s gut?“
Überrascht, dass sich Carlos daran erinnerte, erwiderte Brad mit einem warmen Lächeln: „Ja, danke. Ihr geht’s blendend. Sie geht in ihrem neuen Projekt förmlich auf.“
„Ihre Mom ist ein Engel! Bestellen Sie ihr nächstes Mal liebe Grüße.“
„Ja, das werd ich machen. Ich hab Ihnen ’ne Pizza mitgebracht – mit scharfer Salami und extra viel Peperoni – so wie Sie sie lieben.“
Sofort machte Carlos große Augen und erwiderte beinahe beschämt.
„Aber ich habe Ihnen doch schon so oft gesagt, dass das nicht nötig ist.“
Schnell winkte Brad ab. „Was würden wir nur ohne Sie machen? Außerdem haben Sie heute Nachtschicht und da brauchen Sie einen vollen Magen.“
„Danke, Mr. Casey, das ist sehr großzügig von Ihnen“, erwiderte Carlos mit einem dankbaren Lächeln, als er Bradley galant die Eingangstür öffnete. „Aber jetzt rein mit Ihnen. Sie sind ja schon ganz durchgefroren!“
„Danke, Carlos und einen schönen Abend. Die Pizza leg’ ich auf den Tresen.“
Als Brad die marmorne Eingangshalle passierte, fiel sein Blick sofort auf den opulent geschmückten Weihnachtsbaum, der neben dem Empfangstresen stand – offensichtlich war Carlos heute schwer beschäftigt gewesen. Wie versprochen legte Brad einen Pizzakarton auf dem Tresen ab, nickte dem neuen Concierge, der gerade am Telefonieren war, freundlich zu und ging dann schließlich zum Aufzug weiter. Erst jetzt fiel ihm auf, wie erledigt er war. Für einen kurzen Moment schloss er die Augen und atmete tief durch. Heute Abend würde er sicher nicht mehr ausgehen, dafür war er einfach viel zu müde. Die Türen des Lifts öffneten sich und Brad war wieder hellwach, als Madame Dumont aus dem vierten Stock vor ihm stand. Auch das noch!
„Mr. Casey! Wollten Sie nicht nach meinem Internetanschluss sehen?“, tadelte ihn die ältere Dame freundlich.
Als jüngster Bewohner im Haus war Brad innerhalb kürzester Zeit zum Fachmann in sämtlichen Technikfragen aufgestiegen – dabei hatten seine Nachbarn weiß Gott das nötige Kleingeld, um einen echten Spezialisten zu bezahlen.
„Guten Abend, Ma’am. Ich hab Sie nicht vergessen“, zwinkerte Brad ihr höflich zu. „Sie gehen sicher noch mit Pippa raus?“, fragend warf Brad einen Blick auf die weiße Chihuahuadame, die es sich auf Madame Dumonts Arm gemütlich gemacht hatte und sich dabei kaum von ihrem Pelzmantel abhob.
„Ja! Mir bleibt nichts anderes übrig. Pippa braucht ihren abendlichen Auslauf! Auch wenn ich das Schneegestöber da draußen gerne vermieden hätte“, erwiderte Madame Dumont weinerlich und warf einen skeptischen Blick nach draußen.
„Wenn ich wieder zurück bin, klingel ich bei Ihnen durch.“
Ohne Brads Antwort abzuwarten, huschte seine Nachbarin nach draußen und war nach wenigen Sekunden im gegenüberliegenden Park verschwunden.
Als Brad endlich sein Appartement erreichte, streifte er sich die nassen Schuhe ab und befreite sich von seiner dicken Daunenjacke. Dann ging er hinüber in die Küche, und legte den Pizzakarton und das Notebook auf dem Tresen ab. Sofort bemerkte er den Teller mit selbstgebackenen Keksen. Marisol, seine Haushälterin, kannte ihn einfach zu gut. Erst letzte Woche hatte sie es sich nicht verkneifen können und seine Wohnung weihnachtlich aufgepeppt – da sie es nicht übertrieben hatte, ließ er ihr den Spaß.
Brad holte sich ein kaltes Bier aus dem gigantischen Kühlschrank, schnappte sich den Pizzakarton und lief hinüber ins Wohnzimmer. Endlich etwas Richtiges zum Beißen. Die winzigen Häppchen und Meeresfrüchte, die er heute Mittag beim Geschäftsessen hinuntergewürgt hatte, hatten ihn nur kurz satt gemacht. Hastig öffnete Brad den Karton, nahm sich ein großes Stück Pizza und biss herzhaft hinein. Eigentlich hatte er sich heute Abend noch die neuen Baupläne anschauen wollen, doch stattdessen griff er nach der Fernbedienung, schaltete den Beamer ein, und nach wenigen Sekunden flimmerte das Spiel der New York Rangers über die beeindruckend große Leinwand in Brads Wohnzimmer.
Die Pläne hatten auch bis morgen Zeit, beschloss Brad, lehnte sich zurück und verfolgte nun fasziniert wie der schwarze Puck quer übers Eis schlitterte und dann sicher im Tor landete.
***
Kelly James konnte nicht mehr mitzählen, wie oft sie heute schon den Schnee vor ihrem Geschäft weggeschippt hatte. Sie schob sich die selbstgehäkelte Pudelmütze aus der Stirn, die ihr immer wieder in die Augen rutschte und rieb für einen Moment die Hände aneinander. Es war Samstagabend und die Vorbereitungen für die „Acht-Uhr-Vorstellung“ hatten begonnen – und dazu gehörte im Winter leider auch das Schneeschippen. Mizzie, ihre einzige Mitarbeiterin, hielt drinnen die Stellung und kippte in diesem Moment eine weitere Ladung Maiskörner in die Popcornmaschine. Da die ältere Dame ihr kaum bis zur Schulter reichte, hatte sie sich dazu auf den kleinen Hocker gestellt, der immer griffbereit hinter dem Verkaufstresen stand. Was würde Kelly nur ohne die treue Seele ihres Kinos tun? Schon seit Monaten kam gerade mal genügend Geld herein, um die Ausgaben zu decken und wenn nicht bald ein Wunder geschah, müsste sie wohl oder übel auf ihre Ersparnisse zurückgreifen.
Kelly liebte ihr kleines altmodisches Kino, das ihr Grandpa in den 60er Jahren gekauft hatte. Obwohl die Technik auf dem neuesten Stand war – na ja 3D-Filme bot sie aus Prinzip nicht an – wirkte das Kino von außen wie ein Relikt aus längst vergangenen Tagen. Die verchromten Türrahmen waren blitzblank poliert, das kirschfarbene Leuchtschild über dem Eingang – mit der Aufschrift James Cinema since 1965 – blinkte einladend und hinter der Scheibe erkannte man einen türkisfarbenen Verkaufstresen gefüllt mit Süßigkeiten und Knabbereien. Ja, Kelly James war detailversessen. Deshalb bot sie das hausgemachte Popcorn auch nur in rot-weiß-gestreiften Tüten an, servierte leckere Milchshakes, ja sogar die Lampen und Kinosessel fügten sich detailgetreu ins Bild. Wer in ihr Kino kam, sah nicht nur irgendeinen Film, sondern erlebte hier hautnah das Hollywood der 50er Jahre. Besonders stolz war Kelly allerdings auf die gerahmten Filmplakate – allesamt Originale! Ihr Grandpa hatte sie all die Jahre aufbewahrt und so schmückten sie bis zum heutigen Tag die Wände im Foyer und verliehen diesem einen nostalgischen Flair.
Leider war sie neben ihrem Grandpa Jacob die einzige in der Familie, die diese Leidenschaft teilte. Deshalb hatte sie vor zwei Jahren ohne zu zögern das Kino übernommen, als Jacob aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten musste. Seitdem kam er regelmäßig vorbei, um sich davon zu überzeugen, dass sich seine Enkelin nicht übernahm – und ob Mizzie immer noch so bezaubernd war wie am ersten Tag.
„Kelly. Du liebe Güte! Mach, dass du reinkommst und gib mir sofort die Schneeschaufel!“, drang plötzlich Marcos Stimme zu ihr durch, der ihr nun energisch die Schaufel aus der Hand riss und den Kopf schüttelte.
„Die ganze Schufterei bringt doch sowieso nichts. In ein paar Minuten ist wieder alles weiß!“
Lächelnd sah Kelly ihren Geschäftsnachbarn an und erwiderte schmunzelnd. „Ich wünschte, ich hätte deine Einstellung. Trotzdem will ich nicht, dass meine Gäste nasse Füße bekommen!“
„Du machst dir zu viel Sorgen, meine Süße, dann sollen sie eben mitdenken und Stiefel anziehen.“
Das war typisch Marco. Schnell warf Kelly einen Blick hinüber zur Pizzeria, vor der sich bereits die Schneemassen türmten und musste plötzlich laut lachen, als sie einen unförmigen Schneemann erkannte, der eine riesige Kochmütze und einen schwarzen Schnauzbart trug.
„Also du bist mir Einer. Der sieht ja genauso aus wie du! Gib mir die Schaufel und schau, dass du deinen Ofen in Gang kriegst“, scherzte Kelly, als sie Marco freundschaftlich in die Seite boxte, „wenn mein Film vorbei ist, werden dir die Leute die Bude einrennen!“
„Ich nehm dich beim Wort, Bella!“
***
Laut dröhnten die Bässe durch New Yorks angesagtesten Club, während Andrew seinen Blick über die im Takt der lauten Discomusik zappelnden Menschenmassen schweifen ließ. Hier oben in seiner Lounge hatte er den besten Überblick und musste sich nicht zwischen schwitzenden Tänzern zur Bar hindurch quetschen. Hier oben wurde er bedient und ihm jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Dieser Luxus hatte seinen Preis, sowie auch die persönliche Kellnerin, die sich soeben seinem Tisch näherte.
„Drei Martinis und eine Flasche Veuve Clicquot!“, rief Andrew ihr durch den unglaublich lauten Geräuschpegel zu und lehnte sich dann lässig in seinem Loungesessel zurück. Ja, er liebte sein Leben und die damit verbundenen Annehmlichkeiten. Während seine ehemaligen Kommilitonen irgendwelche „Arschkriecher-Jobs“ machten, stand er kurz davor, der neue CEO von D.C. Ltd. zu werden. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sein Vater mit der Arbeit kürzer treten würde, und da er als Erstgeborener wohl das Vorrecht hatte, sah er sich schon in dessen geschmackvollem Eckbüro mit Ausblick über die gesamte Stadt sitzen.
Sein Bruder Brad war Architekt und für den anspruchsvollen Job gänzlich ungeeignet. Es wäre für alle Beteiligten sicherlich am besten, wenn Brad sich weiterhin mit seinen Stiften am Maltisch austoben würde und man ihn – Andrew Casey – die wichtigen Aufgaben übernehmen ließe.
Zufrieden schaute sich Andrew nach Steve um – seinem engsten Vertrauten – und winkte ihn zu sich heran.
„Brauchst du was, Andrew?“, fragte Steve übereifrig nach, wobei sein Blick kurz an Andrews Frisur hängen blieb. Es war ihm ein Rätsel, wie sein Freund so herumlaufen konnte. Ja, für seine Naturkrause konnte er nichts, aber fand sich in ganz Manhattan nicht ein einziger Friseur, der daraus etwas machen konnte?
„Bist du mit der Akte schon durch? Will mich am Montag vor meinem alten Herrn nicht blamieren.“
Schnell kam Steve näher, der sich bis eben noch mit Ed – dem Dritten im Bunde – unterhalten hatte, und setzte sich auf den Sessel neben Andrew.
„Willst du ’ne Kurzfassung? Meiner Meinung nach solltet ihr die alte Hütte nicht kaufen!“
Fragend sah Andrew seinen Assistenten an, der sein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Columbia eindeutig ernster genommen hatte als er.
„Den Preis könnte man vielleicht noch drücken, aber gegen die schlechte Lage kannst du nichts ausrichten!“
Ungläubig schüttelte Andrew den Kopf. „Dann scheint es mal wieder ein besonderes Projekt meiner Mom zu sein! Mit der Schule konnt ich mich ja noch anfreunden, aber irgendwann ist auch gut.“
Genervt stand Andrew auf und fuhr sich harsch durchs Haar. Unglaublich, dass sich sein Vater schon wieder hatte weichklopfen lassen.
Die Kellnerin kam jetzt mit den Martinis und stellte die Gläser vorsichtig auf dem Tisch ab. Dabei entging ihr nicht, wie Andrew jeden ihrer Handgriffe überwachte. Sie konnte diesen Typen nicht ausstehen. Viel lieber wären ihr die Gäste in der Nachbarlounge gewesen, doch heute hatte sie die Arschkarte gezogen.
„Der Champagner kommt gleich, Sir. Wie viele Gläser benötigen Sie denn?“
Ungläubig sah Andrew sie nun aus stahlblauen Augen an, war die Kleine wirklich so dumm, wie sie aussah?
„Schauen Sie sich mal um, Schätzchen und fangen an zu zählen! Bis drei kriegen Sie das bestimmt noch hin!“
Schockiert und knallrot im Gesicht wandte sich die Kellnerin ab, da ihr sofort die Tränen in die Augen geschossen waren.
„Verzeihung, Sir. Ich komme gleich!“
Andrew griff nach seinem Martiniglas, ehe er mit einem dreckigen Grinsen erwiderte: „Was, schon? Dabei hab’ ich Sie ja noch gar nicht so richtig hart rangenommen, Schätzchen!“
Die Kellnerin lief weiter rot an, als ihr bewusst wurde, worauf Andrew anspielte und lief, unter lautem Gegröle der Männerrunde, beschämt und aufgelöst davon.
„Ich denk, mit der Kleinen werden wir unseren Spaß haben. Prost Jungs, auf einen schönen Abend!“

